Liebe geht DOCH durch den Magen: Sauer macht sauer
Archivmeldung vom 17.05.2014
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.05.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs ist zutiefst befriedigend, gute Werke für andere zu tun – und ebenso befreiend, wenn man dadurch Menschen loswerden kann, die einen nerven. Dumm nur, wenn sich herausstellt, dass das Ergebnis nicht den Erwartungen der anderen Seite entspricht.
Eliane nagt an ihren Fingernägeln. Das tut denen eigentlich nicht besonders gut und es ist auch irgendwie unangemessen für eine Frau um die Vierzig. Findest Du.
Sie hat diesen stieren Blick. Dramatisch, höchst dramatisch. Einen von diesen Blicken, mit denen man Löcher in die etwas dünneren Spanplatten bohren kann, die, die gewöhnlich als Rückseiten von Billig-Kleiderschränken mit den berühmten Bausätzen geliefert werden, bei denen immer und stets zwei Schrauben fehlen.
Glücklicherweise schaut sie nun gerade zu Boden. Und diese Art von Auslegeware ist wirklich robust und reißfest, die hält sogar solchen Blicken stand.
„Wie konnte es nur so weit kommen?“ Diese Frage rauscht durch Deinen Kopf, völlig überflüssigerweise, denn Du kennst die Antwort sehr gut - im Gegensatz zu den geschätzten Leserinnen und Leser dieser Kolumne, weshalb sie an hier dann doch relevant wird. Blenden wir also etwas mehr als 24 Stunden zurück …
Du warst gerade nach Hause gekommen von einem kurzen Einkauf, verbunden mit einem Besuch bei der Post. Dort hatte eine Briefsendung gewartet, die sich schließlich als irgendetwas Flaches und gewiss hochgradig Überflüssiges herausgestellt hatte. Schließlich war es an Deinen Sohn gerichtet und Teenager kaufen nichts Sinnvolles, erst recht nicht Dein Sohn und schon gar nicht – wie Du annahmst – über das Internet.
Es war Dein freier Tag, den Du Dir dadurch verdient hattest, dass Du im März bei der Messe jede Menge Überstunden eingefahren hattest, so viele, dass Deine Chefin, Frau Krausskopf, Dir nun wirklich diesen Ausgleich nicht vorenthalten konnte. Entgegen ihrer Erwartung hattest Du darauf verzichtet, sie deshalb Deiner ewigen Dankbarkeit zu versichern. So hatte sie nun wenigstens etwas, dass sie Dir anlässlich des Jährlichen Mitarbeitergesprächs im Herbst würde erzählen können in der Rubrik „Wie Ihr Verhalten unsere Arbeitsbeziehung belastet“.
Die so gewonnene Zeit mit dem Abholen sinnloser Dinge zu verschwenden, kam Dir irgendwie sündhaft vor. Um genau zu sein: so sündhaft, dass es nach einer Wiedergutmachung verlangte im Format von Cappuccino und Kuchen.
Also hattest Du im Supermarkt die entsprechende Cafeteria-Ecke angesteuert und Dich entsprechend versorgt. Was Dir im ersten Moment als eine wirklich gute Idee erschienen war, verlor plötzlich merklich an Attraktivität als Eliane aufkreuzte mit dem Satz „Na, dich schickt aber der Himmel!“
Neben „Machen Sie das doch mal eben schnell!“ und „Stellen Sie sich nicht so an. Wenn ich die Zeit hätte, würde ich das ja liebend gern selbst erledigen ..“ war „Na, dich schickt aber der Himmel!“ einer der von Dir meist gehassten Sätze, erst recht in dieser Das-ist-ein-Notfall-und-Du-MUSST-mir-helfen-Betonung, mit der Eliane ihn Dir zu Cappuccino und Kuchen präsentierte, womit sie Dir beides in Maßen vergällte.
Um die Situation richtig würdigen zu können, muss man wissen, dass Eliane nur deshalb nicht von den Vereinten Nationen zum mobilen Katastrophengebiet erklärt wurde, weil man sich dann Nothilfemaßnahmen gegen sie überlegen müsste … und es war völlig offensichtlich, dass bei ihr und ihrer Art Geld und gute Worte in jeder Menge und Sprache absolut verschwendet waren, das Gleiche galt für alle Arten von Gewaltmaßnahmen.
Eliane war das zweibeinige Echo des Urknalls und wie selbiger ließ sie zunächst einmal Chaos entstehen, egal wo sie sich aufhielt und was immer sie auch an diesen Ort bewegt hatte.
Damit war sie eindeutig den Naturgewalten zuzurechnen, was es auch ziemlich unmöglich machte, sich gegen ihre Anwesenheit zu versichern.
Nun war sie da, nahm selbstverständlich Platz, auch wenn sie niemand dazu aufgefordert hatte und hüllte Dich ein in diesen gleichermaßen ätzenden wie betäubenden Schwall aus Worten, der nicht wirklich aus ihrem Mund zu kommen, sondern sie ständig einzuhüllen schien wie ein sehr penetrantes, billiges Parfüm.
Da Du sie ja lange genug kennst und da Du ziemlich ausgeruht warst, gelang es Dir, folgende Botschaft aus all diesem wirren Gerede herauszufiltern: Sie hatte sich für die folgenden beiden Tage bei der Volkshochschule zu einem Kurs angemeldet und war der Meinung, aus vermutlich allgemein sozialen Gründen (wohl im Sinne eines Schönwetterzaubers), der Versammlung einen Kuchen stiften zu müssen.
„Weißt du“, sagte sie, „so einen wie … na, du weißt schon … den man so macht mit Sachen, also … eher wie gepflückt … fruchtig vielleicht – gesund, wäre gut ...“
Warum sie Dir das alles erzählte, war auch nicht schwer zu begreifen: Eliane suchte jemanden, der diese Art von Gebäck für sie herstellen konnte und dem seine Ruhe genug wert war, dies auch zu tun.
„Und er soll schon so sein, als wenn ich … verstehst du, dass man meint, er sei von mir“, fügte sie noch erklärend hinzu.
Das war natürlich Unsinn. Um einen Kuchen herzustellen, der so aussieht, als habe Eliane ihn gebacken, müsste man zunächst in dem Gebäck das Mehl zur Hälfte durch Gips ersetzen, das nach dem Backen aus dem Ofen kommende Gebilde an die Wand werfen, eine Decke darüber breiten und circa zwei Stunden darauf herumtrampeln, um die dann entstandenen Überreste schließlich mit etwa zwei Litern Tapetenkleister wieder zusammen zu leimen.
Und wer macht das schon?
Vor Jahren hattest Du eine Fortbildung besucht, in der man Dir unter anderem auch von einem Herrn Maslow und seiner Theorie über die Grundbedürfnisse der Menschen erzählt hatte.Dazu gehörte auch das nach sozialer Anerkennung. Insofern konntest Du auf der theoretischen Ebene nachvollziehen, worum es Eliane ging. Allerdings hattest Du noch nie an ihr bemerkt, dass sie sich wirklich AKTIV darum bemüht hätte, andere für sich einzunehmen.
Eigentlich tat sie instinktiv ständig das Gegenteil. Doch Menschen und ihre Bedürfnisse ändern sich und so dachtest Du Dir, wenn ihr nun plötzlich so viel daran liegt, soll sie ihre Chance haben. Außerdem wolltest Du sie von den Hacken bekommen und die einzige Möglichkeit dazu bestand darin, ihr genau das zu versprechen, was sie hören wollte.
Deshalb sagtest Du freundlich: „Morgen ist ja nur ein halber Arbeitstag. Ich kaufe heute alles ein und wenn ich morgen aus dem Büro komme, backe ich dir den Kuchen. Um vier kannst du ihn abholen ...“
Gesagt, getan. Da steht ihr nun zu dritt: Du, Eliane und ein Blech lecker duftenden frischen Rhabarberkuchens.
Elianes erster Ausbruch ist vorüber. Sie holt tief Luft. Die Augen noch immer auf ihre Schuhspitzen gerichtet, bricht der nächste Wortschwall aus ihr heraus.
Wenn Du es recht verstehst, ist sie sauer, weil der Rhabarber sauer ist. Sie wollte doch einen süßen Kuchen, denn … man höre und staune … er sei doch als Instrument der Annäherung an und vielleicht Verführung für eine bestimmte Person gedacht, jene Person, wegen der sie an diesem Kurs teilnimmt, der sie sonst aber auch mal nicht die Bohne interessiert.
Wer hätte das auch nur ahnen können?
(Fortsetzung folgt)
Text von Herbert Jost-Hof
Passend zur Kolumne von Herbert Jost-Hof folgen hier nun zwei Rezepte, eines davon vegan.
Rhabarber Crumble
Rezept für 1 Portion
Zutaten
250 g Butter
250 g Rohrohrzucker
1 Pck. Vanillezucker
2 Prisen Salz
400 g Dinkelmehl
100 g Haferflocken, blütenzarte
800 g Rhabarber bis 1000 g, fertig geputzt gewogen
etwas Butter, weiche für die Form
etwas Puderzucker, zum Bestäuben
Zubereitung:
Eine Pie-Form von ca. 28 cm Durchmesser mit etwas Butter ausstreichen. Die Rhabarberstangen waschen, putzen und in ca. 2 cm große Stücke schneiden. Dickere Stangen halbiere ich immer längs und schneide sie dann in kleine Stücke.
Backofen auf 200° C vorheizen.
Die Butter in einem etwas größeren Topf schmelzen lassen. Mit einer Gabel den Zucker, Vanillezucker, Salz sowie das Mehl und die blütenzarten Haferflocken langsam in die flüssige Butter einrühren. Dabei entstehen die Streusel wie von selbst.
Nun etwa die Hälfte des Streuselteiges als dünnen Boden in die Pie-Form krümeln. Die Rhabarberstücke darauf verteilen und darüber werden die restlichen Streusel gegeben.
Den Crumble im vorgeheizten Ofen auf mittlerer Schiene für 30 - 35 Minuten bei 200° C backen.
Die Streusel sollten schön goldbraun sein; also nicht zu dunkel.
Arbeitszeit: ca. 15 Min.
Rhabarber - Bananen - Kuchen
Rezept für 1 Portion
Zutaten
75 g Margarine
75 g Rohrohrzucker
100 g Mandelstifte
200 g Mehl
1 Pck. Weinsteinbackpulver
1 PriseMeersalz
200 ml Sojamilch
6 Stange/n Rhabarber
2 Bananen
Fett, für die Form
Zubereitung:
Rhabarber von den Blättern befreien und in ca. 4 cm lange Stücke schneiden. Bananen schälen und in dünne Scheiben schneiden.
Margarine und Zucker schaumig rühren. Mehl, Mandelstifte, Backpulver und Salz mischen und zusammen mit der Sojamilch unter ständigem Rühren zur Zucker-Margarine-Mischung geben. Rhabarber- und Bananenstücke unterheben.
Den Teig in eine gefettete Springform mit 24 cm Durchmesser füllen. Bei 180°C ca. 45 Minuten backen.
Arbeitszeit: ca. 25 Min.