Das "Restaurant der Zukunft" durchleuchtet unser Essverhalten
Archivmeldung vom 20.03.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAufklärung und Ernährungstipps scheinen nutzlos - in allen Industrienationen nimmt der Anteil der übergewichtigen Bevölkerung stetig zu. Wie also lässt sich das Essverhalten beeinflussen? Und warum essen wir eigentlich, was wir essen?
Wie die Frauenzeitschrift FÜR SIE berichtet, will ein Universitätsprojekt im niederländischen Wageningen diesem Rätsel mit Hilfe modernster Technik auf die Spur kommen. Dazu wurde auf dem Campus-Gelände ein drei Millionen Euro teures, hochtechnisiertes "Restaurant der Zukunft" eingerichtet. Zehn Jahre lang werden hier über 20 Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen versuchen, mit Hilfe der ca. 220 Gäste am Tag Antworten auf ungelöste Ernährungsfragen zu finden.
Dazu wird das Essverhalten der Probanden von 23 Kameras dokumentiert, die den Auswahlprozess, die Länge der Mahlzeit und auch die Platzwahl festhalten. Sensoren in den Stühlen messen überdies die Herzfrequenz der Gäste. Diese werden automatisch gewogen, und ihr Konsum wird über Chipkarten registriert. Das Restaurant selbst kann seine Farbe, Temperatur und den Geruch ändern. Die ca. 220 Mitarbeiter der Universität, die Zugang zum Restaurant haben, stimmten der Erfassung ihres Essverhaltens zu. Ihr Mindestalter liegt bei 25 Jahren, da der Mensch laut Forschung erst ab diesem Alter feste Essgewohnheiten entwickelt.
René Koster, Leiter der Langzeitstudie, erläutert die Vorüberlegungen. "Das Unterbewusstsein steuert 75 Prozent unserer Konsumentscheidungen", sagt der Volkswirt. Dies sei der Grund, warum Diätpläne und Aufklärungsprogramme zur gesunden Ernährung zum Scheitern verurteilt seien. "Die Infos erreichen das Unterbewusstsein nicht." Die Reaktion der Probanden auf bestimmte Veränderungen soll nun klären, wie man Einfluss auf das Unterbewusstsein nehmen kann. "Was werden sie essen, wenn wir grelleres Licht einsetzen?", fragt Koster. "Isst man schneller, wenn das Essen auf kleineren Tellern präsentiert wird? Was, wenn wir zu den Produkten Ernährungsinformationen liefern?"
Mehr als 35 Firmen und einige Ministerien investieren mittlerweile in das weltweit einzigartige Projekt. Das Interesse der Unternehmen ist klar: Wenn sie genauer wissen, aus welchem Grund Produkte vom Konsumenten angenommen oder abgelehnt werden, kommen sie der Genuss-Formel näher. Doch Koster sieht auch Vorteile für die Gesellschaft: "Die Zahl der Außer-Haus-Mahlzeiten wird weiter steigen. Und dieses Essen können wir verbessern." Denn ob Kindergärten, Krankenhäuser oder Kantinen - die Ergebnisse des Testmarkts Wageningen werden übertragbar sein.
Quelle: FÜR SIE