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Computergrafik leicht gemacht

Archivmeldung vom 26.02.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.02.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Thorsten Thormählen, Informatiker am Max-Planck-Institut für Informatik und dem Exzellenzcluster der Universität des Saarlandes, hat eine Software entwickelt, mit der sich im Handumdrehen dreidimensionale Abbildungen realer Objekte in virtuelle Filmszenen einbauen lassen. Bild: Universität des Saarlandes / Manuela Meyer
Thorsten Thormählen, Informatiker am Max-Planck-Institut für Informatik und dem Exzellenzcluster der Universität des Saarlandes, hat eine Software entwickelt, mit der sich im Handumdrehen dreidimensionale Abbildungen realer Objekte in virtuelle Filmszenen einbauen lassen. Bild: Universität des Saarlandes / Manuela Meyer

Bisher war es eine Herausforderung in computeranimierten Filmen realistische Reflexionen auf Objekte zu zaubern. Vor allem die Nachbearbeitung war zeitraubend. Mit einer neuen Software aus dem Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken ist das kinderleicht. Aus denselben Labors stammt eine Software, mit der sich im Handumdrehen dreidimensionale Abbildungen realer Objekte in virtuelle Filmszenen einbauen lassen.

Wenn ein brillant blitzendes Auto durch einen Werbespot braust, durch Straßenschluchten oder über gleißend hellen Wüstensand gleitet, dann handelt es sich heute nur noch selten um ein Gefährt aus Stahl, sondern meist um ein künstliches Abbild aus dem Computer. Denn wer sein neustes Fahrzeugmodell in Szene setzen will, überlässt nichts dem Zufall: Kein Fotoapparat, keine Filmkamera kann ein Auto so idealisiert darstellen wie ein Computer, das Licht so schön über den Lack fließen lassen. Zwar ist die Computeranimation im Film längst Standard, doch noch immer stößt sie an ihre Grenzen - zum Beispiel, wenn es darum geht, perfekte Reflexionen auf den Lack zu zaubern. Thorsten Thormählen, Informatiker vom Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken, ist Spezialist für solche Grenzfälle und hat Methoden entwickelt, mit denen sich täuschend echte Computergrafiken sehr viel einfacher und schneller erzeugen lassen als bisher.

Zu den Verfahren, die er vom 2. bis zum 6. März auf der Computermesse Cebit (Halle 9, Stand B 43) in Hannover vorstellen wird, gehört das "Interactive Reflection Editing", eine Methode, mit der man in Windeseile Lichtreflexe auf der Oberfläche virtueller Objekte verändert. Bisher ist das ausgesprochen knifflig: Ein virtuelles Objekt im Computer sieht nur dann überzeugend aus, wenn sich in seiner Oberfläche Sonne und Umgebung spiegeln. Grafiker verwenden deshalb viel Mühe darauf, realitätsnahe Spiegelungen in den Lack eines Autos, die Scheiben oder die Scheinwerfer zu programmieren. Problematisch wird es, wenn die Reflexionen zum Schluss noch einmal nachbearbeitet werden müssen. Dann muss der Grafiker Stück für Stück die Lichtreflexe aus der Grafik löschen und neu einzeichnen - ein zeitraubendes Unterfangen.

Das von Thormählen gemeinsam mit seinen Kollegen Tobias Ritschel und Makoto Okabe entwickelte "Interactive Reflection Editing" automatisiert diese Arbeit. Es genügt, die Lichtreflexe in der Grafik anzuklicken und mit der Computer-Maus zu verschieben, zu stauchen oder zu dehnen, bis der Reflex an der gewünschten Stelle sitzt. Auch störende Lichtpunkte kann man über den virtuellen Lack schubsen. Was so einfach klingt, ist das Ergebnis eines leistungsstarken mathematischen Verfahrens, sagt Thormählen. "Denn beim Verschieben müssen in Bruchteilen von Sekunden die alte und neue Position vieler Hundert Pixel gleichzeitig berechnet werden." Die Kunst bestand darin, eine Rechenvorschrift zu entwickeln, die die Datenmenge bewältigt, aber die Rechenkapazität des Computers nicht überfordert, damit das Bild beim Bearbeiten nicht ins Stocken gerät. Thormählens Entwicklung hat bereits bei einer der weltweit wichtigsten Computergrafik-Messen, der Siggraph Asia in Japan, für Aufsehen gesorgt.

Wie auch ein anderes anspruchsvolles Projekt, mit dem sich Thormählen beschäftigt hat - und dessen Lösung er ebenfalls in Hannover vorstellt: der Übertragung eines realen Objekts in eine computeranimierte Filmszene. Wer heute das Abbild eines realen Autos in den Rechner übertragen will, greift zum sündhaft teuren Laserscanner, der eine digitale Kopie des echten Gegenstands erzeugt. Solche Scanner können sich nur wenige Filmproduzenten leisten. Thormählen hat deshalb ein zugleich schnelleres und billiges Verfahren entwickelt. Alles, was er dafür benötigt, ist eine handelsübliche Videokamera. Es genügt, einmal um das Objekt herumzugehen, ein echtes Auto etwa, und diese 360-Grad-Videosequenz in den Computer einzuspeisen. Die von Thormälen entwickelte Software extrahiert aus dem bewegten Bild die 3D-Information des Gegenstands und wandelt diese in ein dreidimensionales Objekt, das man anschließend in beliebige Filmszenen einbauen kann. "Künftig könnten Computer-Spiel-Begeisterte ihr eigenes Auto filmen, in das Lieblings-Computerspiel einbauen und damit Rennen fahren."

"3D Szenenanalyse" nennt Thormählen sein Videoextraktionsverfahren. "Ein Trick besteht darin, in der bewegten Szene markante Referenzpunkte zu bestimmen und deren Position zu berechnen. Daran kann man dann die Lage und Gestalt des eigentlichen Objekts, zum Beispiel des Autos, bestimmen." Das klingt kompliziert, ist aber deutlich einfacher als bei älteren Methoden, bei denen man zuvor Orientierungspunkte, Marker, auf das Auto und in den Hintergrund kleben muss, um anschließend Lage und Gestalt des Autos zu berechnen. "Unser Verfahren ermittelt im Video seine eigenen Referenzpunkte und ist damit deutlich anwendungsfreundlicher."

Thormählen ist sich sicher, dass Computerspiele nur eine von vielen möglichen Anwendungen seiner "3D Szenenanalyse"-Verfahren sind. "Es ist auch denkbar, die Position von endoskopischen, medizinischen Geräten bei Schlüssellochoperationen in einem Videobild darzustellen, was dem Arzt die Orientierung im Körper des Patienten erleichtern könnte." Und beim Sporttraining könnte man beispielsweise aus dem Video eines rotierenden Diskuswerfers eine virtuelle 3D-Gestalt errechnen, um den Bewegungsablauf zu studieren und zu verbessern.

Quelle: Max-Planck-Institut für Informatik, Saarbrücken

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