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Das " faire" Notebook

Archivmeldung vom 22.11.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.11.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Massenfertigung von Elektronikprodukten wie PCs, Notebooks und Fernseher wurde in den letzten beiden Jahrzehnten fast vollständig in ostasiatische Betriebe ausgelagert. Verschiedene Studien berichten von überwiegend schlechten Arbeitsbedingungen und häufigen Verstößen gegen internationale Standards und nationales Arbeitsrecht.

Konsumenten, Umwelt- und Arbeitnehmerrechtsverbände fordern bereits seit längerem die systematische Umsetzung von sozialen und ökologischen Mindeststandards in der Elektronikfertigung.

Eine neue Studie des Öko-Instituts zeigt jetzt auf, wie eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen möglich ist und Verbraucher besser als bisher über die Herstellung informiert werden können. Damit rückt auch eine mögliche Zertifizierung in greifbare Nähe. " Spätestens in vier Jahren wird der erste faire Computer im Handel sein", prognostiziert Dr. Rainer Grießhammer, stellvertretender Geschäftsführer des Öko-Instituts.

Wie sind die Wissenschaftler vorgegangen?

Das Öko-Institut hat am Beispiel von Notebooks untersucht, wie bei komplexen Produkten soziale Bedingungen bei der Herstellung analysiert, verbessert und zertifiziert werden können. Die Experten haben sowohl mit Umwelt- und Arbeitnehmerrechtsorganisationen als auch mit Vertretern der Industrie gesprochen und haben verschiedene Fertigungsbetriebe besucht. Da sich die Wertschöpfungskette für Notebooks überwiegend nach China und in den weiteren ostasiatischen Raum verlagert hat, haben die Wissenschaftler nur dort ansässige Firmenstandorte untersucht und externe Untersuchungen und Berichte ausgewertet. Eine komplette unabhängige Analyse ist aufgrund der fast unüberschaubaren Zahl an Zulieferbetrieben und der schwierigen Recherchesituation in China derzeit aber noch nicht möglich. Dies gilt insbesondere für Subzulieferer, also Betriebe, die keine direkten vertraglichen Bindungen mit den Markenanbietern haben.

Schon seit Jahren mehren sich Berichte über vergleichbar schlechte Arbeitsbedingungen bei komplex aufgebauten Produkten wie etwa Computern oder Fernsehgeräten*. Für diese technischen Produkte gibt es bislang keine Nachhaltigkeitssiegel und Kriteriensätze. Der wesentliche Grund: Diese Produkte bestehen aus Tausenden von Einzelteilen und werden von Hunderten von Zulieferern hergestellt. In dieser Gemengelage ist eine Zertifizierung von Arbeits- und Lebensbedingungen sehr aufwändig und methodisch anspruchsvoll. " Trotz einzelner guter Ansätze ist die Industrie derzeit von einem fairen Computer noch weit entfernt", zieht Andreas Manhart, Autor der Studie und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Öko-Institut in Freiburg, Bilanz.

Wie sieht die Produktion von Notebooks aus?

Derzeit werden fast alle Notebooks der großen Markenanbieter - wie beispielsweise Dell, Acer, Hewlett-Packard und Fujitsu Siemens - von weitgehend unbekannten taiwanesischen Firmen an der Ostküste Chinas hergestellt. Insgesamt sind hier etwa 75.000 Menschen beschäftigt. Im Hinblick auf die hohe Arbeitslosigkeit stellt die Notebook-Industrie damit einen wichtigen regionalen Arbeitgeber dar und trägt dazu bei, dass die Armut verringert wird.

Es gibt aber auch viele negative Aspekte. So entsprechen die Lebens- und Arbeitsbedingungen in fast keinem Bereich den europäischen Standards. Zudem orientiert sich der gezahlte Lohn in der Regel am gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn und dieser fällt mit umgerechnet etwa 69 Euro im Monat mehr als gering aus. Hinzu kommt, dass oft Überstunden geleistet werden müssen, die jedoch weit über dem gesetzlich zulässigen Limit liegen. Weitere Negativpunkte: Es ergeben sich gesundheitliche Risiken vor allem durch den ungeschützten Umgang mit toxischen Stoffen und das Einatmen giftiger Dämpfe bei der Fertigung von elektronischen Einzelbausteinen und Gehäuseteilen.

Was schlägt das Öko-Institut als Lösung vor?

Kritische Bewertung der Produktionsprozesse

Einige Hersteller verfügen bereits über betriebsinterne Verbote von gesundheitsgefährlichen Substanzen. Solche Stoffverbotslisten und die Entwicklung weniger riskanter Ersatzstoffe verringern die Risiken für die Arbeitnehmer und sollten verstärkt eingesetzt und weiterentwickelt werden.

Unabhängige Zertifizierung der Zulieferbetriebe

Ein Schlüssel zum fairen Computer ist die Einhaltung sozialer und ökologischer Anforderungen bei Zuliefer- und Subzulieferbetrieben. Zwar kann die Einhaltung dieser Standards nicht ausschließlich durch Kontrollen erzwungen werden, unabhängige Zertifikate können dennoch Aufschluss über die Arbeits- und Lebensbedingungen von Angestellten und Anwohnern geben.

Aufbau einer vertrauensvollen Zulieferstruktur

In den Geschäftsverhältnissen zwischen Auftraggeber und Zulieferer sollten Sozial- und Umweltstandards verstärkt in den Mittelpunkt gerückt werden. Dabei müssen Zulieferer die Sicherheit bekommen, dass steigende Kosten durch Investitionen in Sozial- und Umweltstandards nicht zum Abbruch der Geschäftsbeziehungen führen.

Einbeziehung der Arbeitnehmer und der Anwohner

Die Mitarbeiter sollen sowohl die Möglichkeit zur betrieblichen Mitbestimmung erhalten, als auch besser über ihre Rechte aufgeklärt werden. Die Studie erbrachte, dass Mitarbeitervertretungen und Beschwerdesysteme für Arbeitnehmer und Anwohner auch unter den derzeitigen politischen Rahmenbedingungen in China möglich sind.

Berücksichtigung sozialer Aspekte in der Preisgestaltung

Eine Anhebung der Lohnkosten in China hätte nur eine vergleichsweise geringe Auswirkung auf den Endpreis eines Notebooks. Eine flächendeckende Verbesserung der Arbeitsbedingungen würde den Preis für ein Notebook nur um wenige Prozent verteuern.

Die vollständige Studie kann unter www.oeko.de/oekodoc/291/2006-010-de.pdf und www.prosa.org kostenlos herunter geladen werden.

Quelle: Pressemitteilung ÖKO-INSTITUT E.V.

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