Stellungnahme des Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware e.V. zur aktuellen Debatte nach den Ereignissen in Emsdetten am 20.11.06
Archivmeldung vom 22.11.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.11.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNachdem tragischen Vorfall in Emsdetten, als ein 18-jähriger Mann an einer Schule mit Schusswaffen gezielt auf ehemalige Mitschüler und Lehrer geschossen hat. Mehrere Personen wurden dabei verletzt, der Täter nahm sich anschließend das Leben. In der aktuellen Berichterstattung gerät zunehmend die Debatte um ein Verbot von "Killerspielen" in den Vordergrund.
Vielen Berichten ist zu entnehmen, dass das Computerspiel "Counterstrike" den Täter zu der schrecklichen Tat animiert haben soll. Die Erkenntnisse der Ermittlungsbehörden, sowie die von dem
Delinquenten vor seiner Tat ins Internet gestellten Informationen,
deuten dagegen auf einen sehr komplexen Tathintergrund hin.
Offensichtlich befand sich der Täter in einer schwierigen und für ihn
aussichtslosen Lebenssituation. Dem Abschiedsbrief ist zu entnehmen,
dass er in erster Linie die Schule und das soziale Umfeld für seinen
verlorenen Lebensmut und seine Perspektivlosigkeit verantwortlich
machte. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Konsum
gewalthaltiger Medien und der Tat sind nach den bislang vorliegenden
Informationen nicht erkennbar. Im vorliegenden Fall hat aus unserer
Sicht nicht der Jugendschutz versagt. Vielmehr haben die
sozial-staatlichen Mechanismen, die Jugendlichen Orientierung und
Unterstützung für ein Erwachsenenleben mit Perspektive geben sollen,
nicht gegriffen.
Wir appellieren an die Medien und die Politik, den Blick auf die
eigentlichen Tatumstände nicht durch eine unsachliche Debatte über
ein Verbot von "Killerspielen" zu verstellen. Die aktuelle
Gesetzeslage verbietet schon heute die Verbreitung von "Gewalt
verherrlichenden" Computer- und Videospiele auf der Grundlage des
Strafgesetzbuches. Die von einigen Politikern geforderte staatliche
Kontrolle der Alterskennzeichnung ist seit der Novelle des
Jugendschutzgesetzes im Jahr 2003 Lebenswirklichkeit. Die
Alterskennzeichnung von Spielen für Kinder und Jugendliche erfolgt
nicht durch eine Selbstkontrollinstitution der Industrie, sondern
durch die Obersten Landesjugendbehörden der Länder. Von den Obersten
Landesjugendbehörden nicht gekennzeichnete Spiele können jederzeit
von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indiziert
werden. Deutschland verfügt damit über das engmaschigste Netz im
Jugendmedienschutz. Ein generelles Verbot von Spielen für Erwachsene
kommt einer Zensur gleich, welches angesichts der vielfältigen
staatlichen Mechanismen nicht gerechtfertigt ist.
Den Opfern des tragischen Vorfalls in Emsdetten ist man eine sachgerechte Diskussion schuldig. Die Reduzierung der Tatumstände auf eine Debatte um ein Verbot von Killerspielen wird der Komplexität der Ursachen nicht gerecht und sie wird insbesondere den eigentlich Betroffenen keine Hilfestellung geben können.
Quelle: Pressemitteilung Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware e.V.