Winziger Lichtschalter erleichtert Datenübertragung
Archivmeldung vom 20.12.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWissenschaftler des Paul-Drude-Instituts für Festkörperelektronik (PDI) haben ein neuartiges Schaltelement entwickelt, mit dem Lichtsignale gesteuert werden können. Das Bauteil ist kleiner als ein menschliches Haar.
Wissenschaftler des Berliner Paul-Drude-Instituts für Festkörperelektronik (PDI)
haben ein optisches Schaltelement entwickelt, das auf einem neuen
Steuerungskonzept beruht und dreihundertmal kleiner als vergleichbare Bauteile
ist. Solche optischen Schaltelemente sind wichtig für die Datenübertragung per
Licht. Je kleiner und leistungsfähiger sie sind, desto mehr Daten können umso
schneller transportiert werden. Das neuartige Bauteil ist ein so genanntes
akustisches Mach-Zehnder-Interferometer (MZI), das Lichtsignale moduliert. Die
Wissenschaftler um Dr. Paulo Santos vom PDI berichten darüber in der
Fachzeitschrift Applied Physics Letters (Nr. 89, 121104).
Der Modulator
ist unvorstellbar winzig. Würde man ein Haar durchschneiden, so passten auf die
Schnittfläche sechzehn der Bauteile. Der aktive Bereich, in dem die Modulation
stattfindet, ist nur je 15 Mikrometer lang und breit. Doch es sind nicht allein
die Abmessungen, die das Bauteil so besonders machen, sondern auch das Material
und die Funktionsweise. Bisherige Mach-Zehnder-Interferometer (MZI) werden
hauptsächlich aus dielektrischem Material hergestellt, beispielsweise
Lithiumniobat, und reagieren auf angelegte elektrische Spannungen. Die
Neuentwicklung aus dem PDI dagegen wurde aus der Halbleiterverbindung
Galliumarsenid (GaAs) hergestellt und benutzt so genannte akustische
Oberflächenwellen, um das durch eine optische Faser eingebrachte Licht zu
modulieren. Beide Neuerungen führen sowohl zur Steigerung der Effizienz als auch
zur Erhöhung der Dichte von Bauelementen, die man auf einem Chip herstellen
kann.
Den Hintergrund erklärt Dr. Paulo Santos, Arbeitsgruppenleiter am
PDI: "Das Prinzip von Mach-Zehnder-Interferometern beruht auf Interferenz, also
der Überlagerung von Lichtwellen", sagt der Physiker. Ein MZI teilt einen
eingehenden Lichtstrahl, lenkt ihn in zwei Arme und führt den Strahl nach kurzer
Distanz wieder zusammen. In bisherigen GaAs-Prototypen, die in wenigen Jahren
auf den Markt kommen sollen, sind diese Arme einige Millimeter lang. Legt man
nun eine elektrische Spannung an das Bauteil, so wird der optische
Brechungsindex beeinflusst, das heißt, die Lichtgeschwindigkeit in einem der
Arme ändert sich. Trifft bei der Zusammenführung der beiden Teilstrahlen
(Lichtwellen) ein Wellenberg mit einem Wellental zusammen, so kommt es zur
Auslöschung. "Das Problem dabei ist, dass die Effizienz gering ist", sagt
Santos, "denn die dielektrischen Materialien reagieren nur schwach auf die
angelegte Spannung."
Auch bei einer Halbleiterverbindung wie
Galliumarsenid bliebe das Problem, wollte man allein mit elektrischer Spannung
steuern. Die Wissenschaftler am PDI umgehen die Schwierigkeit, indem sie in das
Bauteil eine Art Mini-Schallquelle einbauen, die elektrische Signale in
akustische Oberflächenwellen umwandelt. Diese Schallwellen breiten sich auf dem
Bauteil aus und beeinflussen den Brechungsindex. Durch eine geschickte Anordnung
gelingt es, mit wenig akustischer Energie die Lichtgeschwindigkeit zu
verändern.
Der Clou: Anders als etwa Lithiumniobat eignet sich
Galliumarsenid hervorragend dazu, selbst Licht zu erzeugen;
Halbleiter-Laserdioden sind Routine. Das MZI nach dem Prinzip des PDI könnte
also auf einer winzigen Fläche Lichtquelle und Modulator vereinen und aus einem
Stück gefertigt werden (monolithisch). Auf einen Chip von Daumennagelgröße
würden mehrere Tausend Modulatoren passen. Die monolithische Bauweise von
Lichtquelle und Modulator, die geringe Größe und der kleinere Energieverbrauch
könnten Herstellungskosten senken und die Datenübertragungsraten in Netzwerken
und auch in Rechnern selbst steigern: Rasantere Internetverbindungen und
schnellere Rechner wären möglich.
Bevor es soweit ist, müssen noch einige technische Herausforderungen gemeistert werden, beispielsweise die Entwicklung effizienterer Prozesse zur Erzeugung von Oberflächenwellen. Auch die Übertragung des Konzeptes auf weitere Materialien wäre wünschenswert. Hierfür laufen Kooperationen mit anderen Forschergruppen, beispielsweise in den Niederlanden und in Dänemark. Zum einen wird Indiumphosphid verwendet, um das Prinzip mit Lichtquellen für den Wellenlängenbereich der Telekommunikation (um 1,5 Mikrometer) zu kombinieren. Dafür ist Galliumarsenid (um 0,9 Mikrometer) nicht geeignet. Zum anderen verspricht Silizium neue Möglichkeiten durch die Kombination optischer Elemente mit der hoch entwickelten und preiswert zu fertigenden Mikroelektronik.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.