"Digitale Spiele sind inzwischen allgegenwärtig, deshalb muss sich die Gesellschaft mit ihnen auseinandersetzen"
Archivmeldung vom 03.04.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittZum Abschluss der Veranstaltung "Munich Gaming", in deren Rahmen am Mittwoch und Donnerstag ein zweitägiger Fachkongress stattfand und die heute mit einer ganztägigen Publikumsveranstaltung endet, gab der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien und Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der Medientage München GmbH, die den Fachkongress veranstaltet, Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring, folgende Erklärung ab:
"Die erste Verleihung des Deutschen Computerspielpreises am Dienstag, der Fachkongress am Mittwoch und Donnerstag sowie die Publikumsveranstaltung am heutigen Freitag haben die wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung dieser immer noch jungen Medienbranche deutlich unterstrichen. Auch in diesem Jahr ist es in den zahlreichen Einzelveranstaltungen wieder um Beides gegangen: um die wirtschaftlichen Chancen ebenso wie um die politische und gesellschaftliche Debatte, der man sich stellen muss.
Die wirtschaftliche Entwicklung dieser Branche zeigt eindrucksvoll auch deren gesellschaftliche Bedeutung. Digitale Spiele sind mittlerweile zum Massenmedium geworden und es gibt nicht wenige, die darin die prägende Unterhaltungsform des 21. Jahrhunderts sehen. Der Spielemarkt ist neben der Online-Werbung das am schnellsten wachsende Segment im globalen Medienmarkt. Experten gehen davon aus, dass die Spiele-Branche in diesem Jahr erstmals die Musikbranche überflügelt, bereits im Jahr 2008 hat sie weltweit doppelt soviel umgesetzt wie die Filmindustrie.
Spiele sind inzwischen allgegenwärtig und deshalb muss sich die Gesellschaft mit ihrer Bedeutung auseinandersetzen und damit mit der Frage: Machen ausschließlich wir etwas mit Spielen oder machen Spiele auch etwas mit uns? Bei Letzterem geht es sowohl um eine mögliche direkte Wirkung auf ein Individuum als auch um Wirkungen auf die Gesellschaft. Die hervorgehobenen Themen in diesem Zusammenhang sind seit Jahren Sucht, Gewalt und Eskapismus. Während hierzu zahllose Studien vorliegen, gibt es bisher kaum Erkenntnisse über die Frage, wie Spiele langfristig Weltbilder formen, verfestigen oder verändern. Und weil das so ist, brauchen wir Lehrstühle, Studiengänge und Forschungseinrichtungen, die sich qualifiziert mit diesen Fragen beschäftigen.
Mich stört an der aktuellen Diskussion, dass wieder hauptsächlich nach einer Verschärfung von Gesetzen gerufen wird. Verbote kosten in der Regel nichts. Deren Überwachung allerdings schon und erst recht eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den dahinter liegenden gesellschaftlichen Problemen. Alle seriösen Untersuchungen zeigen, dass sich negative Wirkungen von digitalen Spielen immer erst im Gesamtkontext der jeweiligen Lebenswelten entfalten. Deshalb sind nicht die Spiele das grundlegende Problem, sondern die sozialen Verhältnisse.
Die Gesellschaft muss lernen mit dem Thema digitale Spiele qualifiziert umzugehen. D.h. für mich ein grundsätzliches "Ja" zu Spielen, aber auch der Wille Fehlentwicklungen konsequent entgegenzutreten. Neben den gesetzlichen Regelungen setze ich hier auch auf den Dialog mit der Industrie und ihre Bereitschaft gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Sowohl der Deutsche Computerspielpreis als auch der Fachkongress "Munich Gaming" fördern diesen Dialog."
Quelle: BLM