Ein Schritt zum Quantencomputer - Physiker messen Quantenzustände mit elektrischem Strom
Archivmeldung vom 09.12.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittFür ein vor acht Jahren vorgeschlagenes Konzept zur Realisierung von Quantencomputern aus Phosphor und Silizium ist ein Prinzip gefunden worden, mit dem die Information nach Beendigung des Rechenprozesses ausgelesen werden kann. Eine raffinierte Kombination von elektrischen, magnetischen und optischen Effekten erlaubt es, den magnetischen Zustand der Phosphoratome zu bestimmen.
Das haben Physiker der Technischen Universität München, der University of Utah
und des Hahn-Meitner Instituts in Berlin-Adlershof jetzt demonstriert und in der
Fachzeitschrift Nature Physics veröffentlicht.
Ursprünglich haben Klaus Lips, Projektleiter am Hahn-Meitner
Institut Berlin, und Christoph Böhme, jetzt Assistenzprofessor an der University
of Utah, ihre Materialien mit Licht, Magnetfeldern und kurzen
Mikrowellenimpulsen traktiert, um zu untersuchen, wie gut sie sich für
Solarzellen eignen. Vor zwei Jahren hatten sie und ihre Kollegen um Martin
Brandt von der Technischen Universität München dann die Idee, die Methode für
ein Konzept zu verwenden, mit dem eines Tages vielleicht ein Quantencomputer
realisiert werden könnte. Dem Forscherteam, dem auch die jungen Münchener
Doktoranden Andre Stegner und Hans Hübl angehören, ist nun dafür der
experimentelle Beweis gelungen. Magnetische Information, die in Phosphoratomen
eines Siliziumkristalls gespeichert ist, lässt sich über ein geschicktes
Messverfahren tatsächlich auslesen.
Der Quantencomputer fasziniert seit
einigen Jahren die Physikergemeinde. Theoretiker sagen vorher, dass damit
bestimmte Rechnungen in akzeptabler Zeit durchgeführt werden könnten, für die
herkömmliche Rechenmaschinen aus Prinzip länger bräuchten, als das bekannte
Universum existiert.
Die neue Messmethode wurde am Hahn-Meitner-Institut für
Photovoltaikmaterialien entwickelt. Die Berliner Forscher diagnostizieren damit
Fehler im Aufbau von Siliziumkristallen. Denn solche Kristalldefekte verringern
in Solarzellen den Wirkungsgrad. Um sie besonders empfindlich detektieren zu
können, nutzten die beiden Physiker aus, dass Elektronen einen so genannten Spin
besitzen.
Durch den Spin verhalten sich die Elektronen, aber auch die
Atomkerne des Phosphors, wie kleine Stabmagnete. Bereits 1998 hatte der
amerikanische Physiker Bruce Kane deshalb vorgeschlagen, einen Quantencomputer
zu realisieren, indem man einzelne Phosphorkerne nutzt, die in einem
Siliziumkristall eingebettet sind. Wegen ihrer magnetischen Eigenschaften eignen
sie sich dafür, Information zu speichern und zu verarbeiten. Seitdem arbeiten
Wissenschaftler daran, die nötigen Voraussetzungen zu schaffen, denn das Konzept
verspricht einige Vorteile gegenüber anderen Realisierungsversuchen. Es ließe
sich beispielsweise elegant mit Elektronik auf Siliziumchips verbinden.
Bevor
das Konzept realisiert werden kann, müssen allerdings noch viele Hürden genommen
werden. Erstens müssen die Phosphoratome und Kristalldefekte mit einer
Genauigkeit von weniger als einem Milliardstel Meter in dem Siliziumkristall
angeordnet werden. Zweitens muss der Quantencomputer programmiert und zum
Rechnen gebracht werden. Drittens muss am Schluss die in den Kernen der
Phosphoratome kodierte Information ausgelesen werden.
"Für den letzten
Schritt eignet sich im Prinzip unsere Methode", sagt Klaus Lips. Das zeigten die
beiden Doktoranden Andre Stegner und Hans Hübl in zeitraubenden Experimenten,
für die sie mit ihren Proben das Photovoltaikteam am Hahn-Meitner-Institut in
Berlin-Adlershof besuchten. Bei der Methode spielen Elektronen auf den
Phosphoratomen und an den Kristalldefekten eine Rolle. Mit Magnetfeldern und
Impulsen aus Mikrowellenstrahlen hat das Team es geschafft, die verschiedenen
Elektronenspins so zu präparieren, dass sie am Ende durch Messung des
elektrischen Stroms durch den Kristall etwas über den magnetischen Zustand der
Phosphorelektronen und -kerne erfahren. Damit könnte prinzipiell ein
Phosphor-Silizium Quantencomputer ausgelesen werden.
Die Forscher benötigen
derzeit die Elektronen von mindestens 10.000 Phosphoratomen, um ein Signal zu
messen. "In einigen Jahren wird es klappen, sogar den magnetischen Zustand eines
einzelnen Phosphorkerns zu detektieren, wie es für den Bau eines
Quantencomputers nötig ist", sagt Klaus Lips.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.