Thumbnails verletzen das Urheberrecht, aber Suchmaschinenbetreiber haften trotzdem nicht
Archivmeldung vom 26.04.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIm Internet ist die Verwendung von Bilder oder digitalen Grafiken beliebt, die als bloße Vorschau für größere Version Verwendung finden. Der Vorteil liegt darin, dass die kleineren Bilder kürzere Ladezeiten aufweisen.
Da Bilder fast immer den größten Teil der Datenmenge einer Internetseite ausmachen, verbessern sich dadurch die Ladezeiten der jeweiligen Internetseite insgesamt. Will der Besucher die volle Größe betrachten, kann er die größere Version meist durch einen Klick auf das Vorschaubild abrufen. Dann öffnet sich das Bild in voller Größe. Da inzwischen auch die Speicherkapazitäten von Suchmaschinen und Bildbearbeitungsprogrammen erheblich ausgeweitet wurden, werden die Vorschaubilder bereits in die Darstellung der Suchtreffer eingestellt. Ebenso lesen moderne Benutzeroberflächen wie Windows XP, KDE und GNOME Vorschaubilder automatisch aus. Und weil in der Internetsprache gerne mit Anglizismen gearbeitet wird, kriegt das Kind auch gleich einen englischen Namen. Die Vorschaubilder werden als Thumbnail bezeichnet (englisch für Daumennagel). In einer Reihe von Urheberrechtsprozessen der letzten Jahre ging es deshalb um die Frage, ob derjenige, der die Bildrechte inne hat, gegen denjenigen, der sie benutzt, Urheberrechte geltend machen kann?
Sind Thumbnails urheberrechtlich geschützt?
Soweit gehen alle bislang ergangenen Gerichtsurteile davon aus, dass auch kleinere Vorschaubilder als urheberrechtlich geschützte Werke anzusehen sind (etwa Landgericht Halle, Urt. v. 15.03.2007 – 3 O 1108/05, MMR 2007, 393; ebenso Thüringer OLG, Urt. v. 27.02.2008 – 2 U 319/07). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es sich in der Regel um eine stark verkleinerte Darstellungen handelt (ausdrücklich: Landgericht Hamburg, Urt. v. 05.09.2003 – 308 O 449/03, MMR 2004, 558). Das bedeutet, dass sich die Urheber der Vorschaubilder grundsätzlich auf ihr Urheberrecht berufen können und Dritte von einer Erlaubnis bedürfen, wenn sie diese Bilder verwenden wollen.
Haften Suchmaschinenbetreiber dafür?
Trotz des bestehenden Urheberrechtes konnten sich die Suchmaschinenbetreiber bislang recht erfolgreich gegen die Inanspruchnahme wehren. Allerdings sind die Begründungen sehr unterschiedlich und eine höchstrichterliche Entscheidung steht gegenwärtig noch aus.
Das Landgericht Halle hatte eine Klage gegen einen
Suchmaschinenbetreiber abgewiesen, weil der Eingriff trotz des
bestehenden Urheberrechtes aufgrund einer Einwilligung des Urhebers im
konkreten Fall nicht widerrechtlich gewesen sei. Das Gericht betonte,
dass Suchmaschinen eben auch den Interessen der Urheber dienen, wenn
sie eine eigene Internetseite ins Netz stellen. Sie hätten ein
Interesse daran, dass ihre Internetseite auch gefunden und aufgerufen
werden könne. Eine Suchanzeige in Form von „thumbnails“ sei etwa bei
der Suche nach Kunstwerken sehr viel aussagekräftiger als Worte, die
ein Werk nur unzulänglich beschreiben würden. Aufgrund dieser
Interessenlage, sei eine wenigstens konkludente Einwilligung des
Urhebers zur Nutzung durch Suchmaschinen anzunehmen.
Das Thüringer Oberlandesgericht hat diese Rechtsansicht des
Landgerichtes Halle in der Berufungsinstanz jedoch nicht mitgetragen,
ohne das sich aber am Ergebnis etwas ändert. Das Gericht meinte zwar,
an eine konkludente Einwilligung des Urhebers seien strenge
Anforderungen zu stellen, die nicht bereits dann vorlägen, wenn man
Bilder frei und ohne technische Schutzmaßnahmen ins Internet einstellt.
Trotzdem wurde die Urheberklage abgewiesen, weil der Urheber im
konkreten Fall dem Suchmaschinenbetreiber den Zugriff auf die
Internetseite durch eine nachgewiesene Suchmaschinenoptimierung
erleichtert hatte und den „Crawler“ deshalb angelockt habe. Dazu reiche
es aus, dass die Internetseite im Quelltext zahlreiche META-Elemente
enthalten habe, die ständig aktualisiert worden seien. Deshalb sei das
Berufen des Urhebers auf eine fehlende Einwilligung zur Verwertung
ihrer Bilder durch Suchmaschinen rechtsmissbräuchlich und treuwidrig im
Sinne von § 242 BGB (Verstoß gegen Treu und Glauben).
Einen anderen Weg, aber mit gleichem Ergebnis, wählte das Landgericht Bielefeld, welches die Rechtsfrage zu beantworten hatte, ob derjenige, der Thumbnail verwende, ohne über eine Urhebernutzungslizenz zu verfügen, dem Urheber Schadensersatz zu leisten habe. Auch das Gericht in Bielefeld bejaht zwar die Urheberrechte an den Vorschaubildern; verneint aber den Schadensersatzanspruch. Das Gericht meint, Schadensersatz gebe es nur, wenn die Zahlung einer Lizenz der Verkehrssitte entsprechen würde. Eine solche Verkehrssitte habe sich bei der Verwendung von Vorschaubildern noch nicht herausgebildet (Urt. v. 08.11.2005 – 20 S 49/05, CR 2006, 350).
Das letzte Wort ist bei der Verwendung von „Thumbnails“ allerdings noch
nicht gesprochen. Das Thüringer Oberlandesgericht hatte die Revision
zum Bundesgerichtshof zugelassen, da die zu klärenden Rechtsfragen
grundsätzliche Bedeutung aufwiesen. Somit stellt es nur noch eine Frage
der Zeit dar, bis der Bundesgerichtshof sich dieser Rechtsfragen
annehmen wird.
Quelle: Ulrich Schulte am Hülse, Rechtsanwalt