Mit Strom Wände versetzen
Archivmeldung vom 26.05.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.05.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWie die renommierte Fachzeitschrift "Physical Review Letters" berichtet, konnten Wissenschaftler der Universität Hamburg weltweit erstmalig eine magnetische Domänenwand mit sehr großer Geschwindigkeit durch einen Draht bewegen. Diese neuen, aufsehenerregenden Ergebnisse sind entscheidend für die Entwicklung eines neuartigen und extrem schnellen magnetischen Datenträgers, der Festplatten ersetzen könnte.
Unser heutiges Leben ist digital. Egal ob im Beruf oder im Privatleben: Überall
haben kleine elektronische Helfer Einzug gehalten und erleichtern unser Leben
oder eröffnen uns völlig neue Möglichkeiten. Dabei haben diese Geräte, wie
Digicam, MP3-Player oder PDA, eines gemeinsam: sie produzieren Unmengen an
digitalen Daten oder wollen mit diesen gefüttert werden. Doch wohin mit dieser
Datenflut? Aktuelle Systeme nutzen Festplatten, die zwar mit gigantischen
Speicherkapazitäten aufwarten, aber aufgrund ihrer mechanischen Komponenten
unzuverlässig, schwer, laut, teuer, langsam und stromhungrig sind. Alternative
Speichermedien ohne Mechanik, wie Flash-Speicher, sind deutlich teurer und noch
langsamer als herkömmliche Festplatten. Es muss also eine völlig neue Methode
zur Datenspeicherung her.
Bereits im Jahr 2004 entwickelten Forscher von IBM
das Konzept der magnetischen "Racetracks". Dabei werden die Trennwände zwischen
entgegengesetzt magnetisierten Bereichen mithilfe von Strompulsen ohne jegliche
mechanische Bewegung an Schreib-Lese-Elementen vorbei "geschoben". Wie in
"Physical Review Letters" nachzulesen ist, gelang es Dr. Guido Meier und seinen
Kollegen von der Universität Hamburg erstmals, eine magnetische Domänenwand mit
einer sehr hohen Geschwindigkeit in einem ferromagnetischen Draht zu
verschieben. Die dabei gemessene strominduzierte Geschwindigkeit von 110 m/s ist
im Vergleich mit früheren Messungen zwei Größenordnungen höher und liegt damit
im Bereich der theoretischen Vorhersagen. Die magnetische Domänenwand legte bei
jedem Versuch mit gleichem Strompuls eine unterschiedliche Strecke zurück, was
vermutlich in Unregelmäßigkeiten innerhalb der kristallinen Struktur des
verwendeten Materials begründet ist.
Die Messungen der Hamburger Forscher
beweisen, dass das Konzept der magnetischen "Racetracks" sehr vielversprechend
ist. Für die Verwendung im Alltag muss noch viel Arbeit investiert werden, um
die Domänenwandbewegung zuverlässig und reproduzierbar zu machen und so Daten
sicher in Domänenwänden zu speichern.
Wenn es gelingt, diese
Herausforderungen zu bewältigen, dann hätten wir einen magnetischen
Datenspeicher, der ohne mechanisch bewegte Teile auskommt, extrem hohe Lese- und
Schreibgeschwindigkeiten hätte und als hochintegriertes Bauelement sehr
kostengünstig hergestellt werden könnte. Außerdem wäre ein magnetischer
"Racetrack" ein nichtflüchtiger Datenspeicher, d. h. er würde seine Daten auch
ohne Stromzufuhr nicht verlieren. Lange Zeiten für das Hochfahren eines
Computers und Datenverlust durch einen Absturz wären dann endgültig Geschichte.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.