Bagatellklausel bei Tauschbörsen-Uploads unsinnig
Archivmeldung vom 19.09.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittUrheberrechtsverletzungen durch Teilnehmer von Internet-Tauschbörsen bleiben ein Problem für die gesamte Medienindustrie. Der Referentenentwurf zum "Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums" des Bundesministeriums für Justiz vom 3. Januar 2006 sieht zwar einen Auskunftsanspruch der Rechteinhaber gegenüber Internet-Service-Providern vor.
Dieser Anspruch soll es Verlagen oder der Musik- und Filmindustrie ermöglichen,
von Internet-Service-Providern Auskunft über die Person des
Urheberrechtsverletzers zu erhalten. Die Rechteinhaber selbst können lediglich
die IP-Adresse, nicht jedoch die dahinterstehende Person ermitteln.
Jedoch sieht der Referentenentwurf den Auskunftsanspruch nur bei
Überschreitung einer Bagatellgrenze vor. Nur Urheberrechtsverletzungen in
gewerblichem Ausmaß begründen den Anspruch. Dabei ist die Einführung einer
solchen Bagatellklausel aus technischer Sicht nicht praktikabel. Zu diesem
Schluss kommen die beiden Fraunhofer-Wissenschaftler Dr. Martin Steinebach und
Sascha Zmudzinski in einem jetzt veröffentlichten Gutachten für den Börsenverein
des Deutschen Buchhandels und die Deutsche Landesgruppe der IFPI e.V.
(International Federation of the Phonographic Industry), des internationalen
Verbandes der Tonträgerhersteller. Das Gutachten steht unter www.ipsi.de und
www.boersenverein.de zum kostenlosen Download bereit.
"Der technische
Aufwand für den Nachweis, dass es sich nicht um Bagatellen handelt, wäre enorm
hoch und in der Praxis für den einzelnen Rechteinhaber nicht durchführbar",
bekräftigt Steinebach, der eine Fraunhofer-Forschungsgruppe leitet, die seit
Jahren Wasserzeichentechnologien zur Markierung digitaler Dateien entwickelt und
implementiert und in diesem Jahr eine automatisierte Suchmaschine zum Auffinden
von mit Wasserzeichen geschützten Medien für Peer-to-Peer-Netzwerke vorgestellt
hat, die die technische Basis für viele Internet-Tauschbörsen bilden. Zu seinen
Kunden gehören unter anderem libri.de, diadopo.com und
soforthoeren.de.
"Die Bagatellklausel muss gestrichen werden", ist
deshalb die Forderung von Dr. Christian Sprang, Justiziar des Börsenvereins des
Deutschen Buchhandels, einer der beiden Auftraggeber des Gutachtens. "Es geht
uns nicht darum, Einzeltäter zu verfolgen - daran haben weder wir noch unsere
Mitglieder ein Interesse. Aber es ist für den Rechteinhaber schlicht nicht
erkennbar und damit auch nicht nachweisbar, ob ein Rechtsverletzer mehr als nur
den einen, gerade zum Download angefragten Titel anbietet. Denn bei modernen
Tauschbörsen wie eDonkey bzw. eMule ist der Blick auf die Festplatte des
Anbieters in aller Regel nicht mehr möglich. Wenn der Entwurf des
Bundesjustizministeriums diese technischen Gegebenheiten nicht berücksichtigen
sollte, läuft der Auskunftsanspruch gegen die Internet-Service-Provider leer und
die Verlage werden Urheberrechtsverletzungen weiterhin zivilrechtlich nicht
verfolgen können."
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.