Gut oder böse? Wie Gamer moralische Entscheidungen treffen
Archivmeldung vom 01.02.2018
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Freigeschaltet durch André OttFoltere ich meinen Gegner, um in den nächsten Level zu kommen? Bin ich bereit zu töten, um das Spielziel zu erreichen? Aktuelle Rollenspiele, Shooter und Actiongames konfrontieren Spielerinnen und Spieler mit schwierigen moralischen Fragen; sie müssen immer häufiger ethische Entscheidungen treffen, die ihr soziales Handeln in virtuellen (Spiel)Welten beeinflussen.
Wie Gamer solche Entscheidungen treffen und welche Rolle ihr Medialitätsbewusstsein dabei spielt, ist das Thema der neuen medienwissenschaftlichen Untersuchung der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) mit dem Titel "Formen von Medialitätsbewusstsein. Relationen zwischen digitalem Spiel und Wirklichkeit am Beispiel moralischer Entscheidungen". Die Erziehungswissenschaftlerin Prof. Dr. Manuela Pietraß von der Universität der Bundeswehr München untersuchte im Auftrag der BLM in zwei Expertisen das spielerische "Probehandeln" im medialen Rahmen von Games.
Mit der Veröffentlichung leistet die BLM einen Beitrag zur medienpädagogischen Debatte über digitale Spiele. Die Untersuchungen hinterfragen Chancen und Herausforderungen sozialen Handelns in virtuellen Umgebungen. Auch die Problematik moralisch motivierter Spielentscheidungen wird thematisiert. "Zentraler Punkt ist dabei das Medialitätsbewusstsein von Spielenden. Denn für verantwortungsvolles Medienhandeln muss man zwischen Realität, medialer Fiktion und digitaler Virtualität unterscheiden können", so der Präsident der BLM, Siegfried Schneider.
Die beiden Expertisen betrachten den Umgang mit moralischen Dilemmata in digitalen Spielen aus einer medienpädagogischen und systemtheoretischen Perspektive. Die erste Expertise behandelt "Moralisches Urteilen bei gewalthaltigen digitalen Spielen im Zusammenhang mit der Spielstruktur und dem Alter der Nutzer". Die zweite Expertise knüpft unter dem Motto "Soziales Handeln in digitalen Spielen. Der Einfluss des Medialitätsbewusstseins auf moralische Entscheidungsdilemmata" an die dort entwickelten Thesen und Einblicke an und legt dabei stärkeres Augenmerk auf das Phänomen des Medialitätsbewusstseins. Beide Untersuchungen sind qualitativ angelegt.
Zentrales Ergebnis ist für Prof. Dr. Pietraß das Auffinden verschiedener Formen von Medialitätsbewusstsein: "Die wesentliche Entdeckung ist, dass das Medialitätsbewusstsein, also wie Medien und Wirklichkeit aufeinander bezogen werden, in unterschiedliche Formen einteilbar ist. So gibt es die Möglichkeit, dass Spielende ihre moralischen Entscheidungen und soziales Handeln an jenen Kriterien messen, die das digitale Spiel setzt. Das ist dann problematisch, wenn das Spiel moralisch fragwürdiges Verhalten belohnt. Eine andere Form ist es, gewalttätige Aktionen an den Normen und Regeln der Alltagswelt zu messen. In letzteren Fällen ist eine reflektiertere moralische Argumentation feststellbar. Für die Medienpädagogik ist daran wichtig, dass ein kompetenter Medienumgang nicht allein die Trennung von Spiel und Wirklichkeit verlangt, sondern beide zueinander in ein Verhältnis zu setzen."
Die BLM gibt im Bereich Medienkompetenz und Jugendmedienschutz seit vielen Jahren Forschungsprojekte in Auftrag - zum Beispiel über das Mediennutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen, zu aktuellen medialen Herausforderungen oder zur medienpädagogischen Theoriebildung. Damit leistet sie einen Beitrag zur wissenschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Debatte über Medienpädagogik und Jugendmedienschutz.
Die Expertisen sind unter dem Titel "Formen von Medialitätsbewusstsein. Relationen zwischen digitalem Spiel und Wirklichkeit am Beispiel moralischer Entscheidungen" in der BLM-Schriftenreihe als Band 105 im Nomos Verlag (http://www.nomos-shop.de/Pietra%c3%9f-Formen-Medialit%c3%a4tsbewusstsein/productview.aspx?product=36180) Baden-Baden (ISBN 978-3-8487-4785-6) erschienen.
Quelle: BLM Bayerische Landeszentrale für neue Medien (ots)