Deutschland hat die mit Abstand höchsten Internetpreise in der EU
Der Zugang zu stationärem Breitband-Internet ist einer neuen Erhebung zufolge nirgendwo innerhalb der Europäischen Union (EU) so teuer wie in Deutschland. Zu dem Ergebnis kommt eine Analyse des Preisvergleichsportals Verivox, über die die Zeitungen der Funke-Mediengruppe berichten.
Demnach zahlen Internetnutzer in rund jedem zweiten EU-Land für ein
Megabit rechnerisch nur wenige Cent. Hierzulande hingegen fällt pro
Megabit ein Euro an. Das ist laut Verivox der mit Abstand höchste Wert
innerhalb der Europäischen Union.
Am günstigsten sind
Internettarife mit einem Cent pro Megabit (Mbit) in Rumänien sowie mit
drei Cent pro Megabit in Polen und der Slowakei. Unterhalb von zehn Cent
liegen insgesamt 13 Länder, darunter Italien, Frankreich, Spanien und
Portugal. Der EU-Durchschnittswert liegt bei 18 Cent je Mbit. Die
Verivox-Auswertung basiert auf Daten des britischen Portals
Bestbroadbanddeals.co.uk. Aus Deutschland sind insgesamt 37
Internettarife in die Auswertung eingeflossen.
Die nach
Deutschland (1 Euro/Mbit) teuersten Länder Österreich und Belgien haben
der Analyse zufolge einen immer noch vergleichsweise niedrigen
Megabit-Preis von 35 Cent. Für den Preisvergleich wurden bis zu 40
Tarife eines Landes heruntergerechnet auf den mittleren Preis für ein
Mbit.
"Entscheidend ist die Geschwindigkeit, mit der die Daten
übertragen werden - also der Preis pro Mbit", sagte Jörg Schamberg,
Telekommunikationsexperte bei Verivox, den Zeitungen der
Funke-Mediengruppe. "In Deutschland werden langsamere Tarife immer noch
häufig gebucht", so Schamberg. Diese würden aber nur selten ein
günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis bieten.
Auch mit Blick auf
die hiesige Kaufkraft sei der durchschnittliche Mbit-Preis in
Deutschland hoch, so Verivox. Deutschland habe zwar laut Eurostat eine
überdurchschnittlich hohe Kaufkraft (Platz acht im EU-27-Ranking) und
sei damit etwa doppelt so stark wie Bulgarien, Griechenland oder
Lettland. Die Kaufkraft-Werte von Österreich und Belgien lägen hingegen
sogar über denen Deutschlands. Der Mbit-Preis beider Länder betrage laut
dem Portal jedoch nur rund ein Drittel des deutschen.
Schamberg
hat für das relativ hohe Preisniveau für Internet in Deutschland eine
einfache Erklärung. "Dass die deutschen Anbieter die mit Abstand
höchsten Megabit-Preise in der EU verlangen, liegt in erster Linie an
der aus Verbrauchersicht unzureichenden Wettbewerbssituation", sagte er.
"Obwohl der deutsche Markt seit 1998 liberalisiert ist, hängen auch
heute noch viele Wettbewerber am Tropf der Deutschen Telekom: Sie kaufen
deren Vorleistungsprodukte zu festgelegten Preisen ein."
Diese
Vormachtstellung des Ex-Monopolisten sei auch ein wesentlicher Grund für
das aus Sicht des Experten "viel zu lange Festhalten an der veralteten
DSL-Technik". Andere Länder seien beim Umstieg auf Glasfaser deutlich
weiter, so der Fachmann. Portugal und Schweden hätten praktisch eine
Glasfaser-Vollversorgung. Deutschland hingegen tue sich schwer: "Der
hiesige Glasfasermarkt ist zersplittert, Verbraucherinnen und
Verbraucher sind zunehmend verunsichert", so Schamberg.
Eine neue
Bundesregierung müsse nun dringend gegensteuern. "Viele Menschen sehen
mehr Hürden als Chancen beim Umstieg auf Glasfaser - das kann sich
Deutschland, vor allem im Hinblick auf datenintensive KI-Anwendungen,
nicht länger leisten", sagte der Experte weiter.
Quelle: dts Nachrichtenagentur