Online-Durchsuchungen machen Deutschland unsicherer
Archivmeldung vom 14.09.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble angeregte sog. "Bundestrojaner", ein Programm, mit dem Behörden Online-Durchsuchungen auf PCs durchführen könnten, würde Deutschland unsicherer statt sicherer machen, warnt der eco Verband der deutschen Internetwirtschaft. Es wäre für Hacker ein Leichtes, das Trojanerprogramm des Innenministers zu kapern, um sozusagen "auf dem Rücken der Schäuble-Software" in die Rechner der Bevölkerung eindringen.
"Dann wäre ganz Deutschland unter dem Deckmantel der
inneren Sicherheit offen für Online-Spionage aus aller Welt", warnt
eco-Geschäftsführer Harald A. Summa vor den Folgen: "Der Vorschlag
des Innenministers ist sicherlich gut gemeint, aber nicht gut
durchdacht." Dies gilt umso mehr, als sich das Bundesinnenministerium
nicht nur zur Durchsuchung von PCs sondern auch Smartphones,
Navigationsgeräten und Servern ermächtigen will.
"Das Bundeskriminalamt und viele weitere staatliche Stellen rund
um den Globus kämpfen gemeinsam mit der Internetwirtschaft für
saubere Datennetze. Würden wir in diese Sicherheitssysteme eine Lücke
einbauen, um den Schäuble-Trojaner durchzulassen, käme dies einer
Einladung an die Hacker-Gemeinschaft aus aller Welt gleich. Dann
würde die elektronische Post - egal von welcher deutschen Behörde -
für jeden Bürger zum Hochsicherheitsrisiko", sagt eco-Chef Harald A.
Summa: "Deutschland würde nicht sicherer werden, sondern unsicherer".
Der aktuelle Schlag von Bundeskriminalamt und Staatsanwaltschaft
Bonn gegen Phishing-Betrug zeigt nach Einschätzung des
eco-Geschäftsführers beispielhaft, wie leicht die Glaubwürdigkeit
elektronischer Behördenpost zu erschüttern sei. Die Betrügerbande aus
Deutschland, Russland und der Ukraine hatte Spionage-Programme zum
Ausspähen von Kontodaten unter anderem mit bundesdeutschen Behörden
als Absender an Verbraucher geschickt. Selbst im Namen des BKA hatten
die Täter ihre E Mails verschickt.
Klaus Landefeld, eco-Vorstand mit Verantwortung für das Ressort
Infrastruktur und Netze, erklärt dazu: "Eine Online-Durchsuchung ist
technisch nichts anderes als Hacking - genau das, was die
Internetwirtschaft und die staatlichen Stellen wie das BKA seit
Jahren bekämpfen. Jeden Tag gelingt es, Hunderte neuer
Computerschädlinge zu erkennen und Schutzschilde dagegen aufzubauen.
Es wäre blauäugig zu meinen, der Schäuble-Schädling käme unbemerkt
durch. Es gäbe nur die Möglichkeit, eine gezielte Schäuble-Lücke in
die Sicherheitssysteme einzubauen - und genau dies würde Deutschland
unsicherer machen", erläutert eco-Vorstand Klaus Landefeld.
Harald A. Summa betont: "Die Internetwirtschaft hat ein ebenso
hohes Interesse am Thema Sicherheit wie der Bundesinnenminister. Aber
die Vorschläge müssen realitätsnah sein. Ein Bundesprogramm, das
quasi eine Einladung an die internationale Hacker-Szene darstellt,
ignoriert die einfachsten Gesetze des Internet."
Quelle: Pressemitteilung eco Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V.