Kabelfernsehen vor dem (Entwicklungs-)Aus
Archivmeldung vom 23.12.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs sieht nicht gut aus für das Kabelfernsehen in Deutschland: Die Endkunden brechen weg, nötige Investitionen für den Ausbau werden nicht getätigt und das Satellitenfernsehen lockt mit günstigeren, vielseitigeren und besseren Programmangeboten.
Die digitale Übertragung ist bei der Ausstrahlung via Satellit genauso wenig ein Problem wie interaktive Dienste oder die datenintensive – und der hochwertige – HDTV -Standard im TV. Gerade weil das Satellitenfernsehen auch für das digitale Zeitalter optimal gerüstet ist, wird dem Kabelfernsehen das baldige Aus prophezeit. Denn per Kabelübertragung für analoge als auch digitale Programme steht nur eine begrenzte Übertragungsbandbreite zur Verfügung, welche für die digitale Übertragung von mehreren 100 Kanälen nicht ausreicht.
Bei der Fernsehübertragung via Satellit kommt das Programm per Receiver bequem direkt ins Wohnzimmer – ohne Vertragsbindung und monatliche Kosten. Diese Fakten und die Tatsache, dass Satellitenempfang eine größere Programmauswahl bietet, überall im Verbreitungsgebiet empfangbar ist und auch digitales Fernsehen problemlos in bester Ton- und Bildqualität verlustfrei beim Empfänger ankommt, erklären den klaren Vorteil gegenüber dem Kabelempfang. Das erkennen auch ehemalige Kabelkunden: Immer mehr Verteilergesellschaften auf der so genannten vierten Ebene der Kabelnetze umgehen die dritte Ebene und erhalten die TV-Signale über Satellit oder per eigener Kopfstelle für ihren unabhängigen Kabelnetze. Zu Ebene vier gehören kleinere Kabelgesellschaften, Wohnungsgesellschaften und auch Besitzer von Mietergemeinschaften. Damit ereicht der Kabelfernsehdienst noch weniger Endkunden direkt als vorher und kann digitale interaktive Dienste und Programmpakete nicht mehr bis zu allen Kabelhaushalten einheitlich absetzen. Viele Endkunden wandern zum günstigeren und attraktiveren Satellitenempfang ab und Preissteigerungen für meist analoge Kabelnetze sind bei diesen Voraussetzungen nicht durchsetzbar. Für nötige Investitionen in das Kabelnetzwerk, etwa in neue digitale und interaktive Dienste, welche Kunden möglicherweise binden könnten, ist wegen des Umsatzrückgangs und deren teuer zu erkaufenden Netzzugänge in die Ebene vier kein Geld da. Ein Teufelskreis ist entstanden, wobei viele Kabelnetze nicht modernisiert werden.
Schon bei seiner Einführung in den achtziger Jahren unter Postminister Schwarz-Schilling wurde das Kabelfernsehen als zu teuer eingestuft. Satellitenfernsehen war damals bereits flächendeckend vorhanden, eine Notwendigkeit für den zusätzlichen Übertragungsweg gab es nicht. Trotzdem drückte der Minister das neue System durch. Kurios ist auch, dass die Kosten für das Kabelfernsehen eigentlich dreifach gedeckt werden: Schließlich zahlt nicht nur der Endverbraucher seine Kabel- und Rundfunkgebühren, sondern auch die Deutsche Post mit Steuereinnahmen und letztendlich wieder der Staat durch den Verkauf der Netze für die man heute in privater Investoren Hand wieder erhebliche Gebühren zahlt, haben das Kabelsystem mitfinanziert. Trotzdem reichen die Beiträge nicht, um das Kabelfernsehen langfristig rentabel zu machen. Die Deutsche Telekom hat bereits große Teile des Netzes zum Verkauf gestellt und baut parallel dazu ein IP-Breitbandnetz auf. Potentielle Käufer zu finden ist bei den vorliegenden Geschäftsprognosen aber nicht so einfach. Zuletzt scheiterte im März 2008 der Verkauf von Teilen des Breitbandkabelnetzes an den Liberty Konzern. Grund waren die Bedenken der Kartellbehörde, die eine Monopolstellung befürchtete. Weitere Käufer sind vorerst nicht in Sicht.
Satellitenbetreiber wie zum Beispiel Astra, der einer der größten Anbieter von Satelliteninfrastruktur in Europa ist, sind die Gewinner beim Untergang des deutschen Kabelnetzes. So erreichte Astra zum Ende des Jahres 2007 in Deutschland, Österreich und der Schweiz 40,2 Millionen Kabel- und Satellitenhaushalte, mit steigender Tendenz. Für die Sendeanstalten ist das ausschlaggebend, denn über Astra sind mehr als 99% aller Kabel- und Satellitenhaushalte im deutschsprachigen Markt zugänglich. Für den digitalen Empfang ist der Satellit mit 11,7 Millionen versorgten Haushalten die erfolgreichste digitale Empfangstechnologie. Da das digitale Fernsehen voraussichtlich ab 2010 zum Standard wird, und die analoge Verbreitung nach und nach von den Sendern eingestellt wird, deutet alles darauf hin, dass die Satellitenbetreiber auch langfristig in Sachen Fernsehübertragung auf der Siegerseite sein werden.
Quelle; Interessenverband Satellitenfernsehen