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Kretschmann kritisiert katholische Kirche scharf

Archivmeldung vom 01.03.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.03.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Winfried Kretschmann Bild: winfried-kretschmann.de
Winfried Kretschmann Bild: winfried-kretschmann.de

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat die katholische Kirche in der Pontifikatszeit Benedikts XVI. scharf kritisiert. "Die Form der Moderne, das ist nun einmal die pluralistische Demokratie. Da darf sich die Kirche nicht wie eine absolutistische Monarchie verhalten", sagte Kretschmann im Gespräch mit der "Welt".

In der Kirche habe sich ein "kruder Zentralismus" breitgemacht, mit dem man "in einer pluralen Welt nicht bestehen" könne. "Wagenburg" sei ein treffender Ausdruck für diesen Zustand. Der Rücktritt Benedikts habe etwas "Tragisches", sagte Kretschmann. "Der Apparat hat wirklich ein Eigenleben geführt. Und man hat das an sehr wichtigen Dingen gemerkt wie etwa dem Missbrauchsskandal. Benedikt war da sehr mutig - zugleich aber von seiner eigenen Behörde eingemauert."

Der Grünen-Politiker schloss nicht aus, dass der zurückgetretene Papst Opfer von Intrigen wurde: "Auch solche absolutistischen Systeme sind natürlich immer Systeme von Intrigen, das gehört dazu." Intrigen gebe es zwar überall, "aber in modernen Demokratien kann man sie eindämmen und aufarbeiten. Die Kirche ist durch ihre Organisationsstruktur für Intrigen strukturell anfällig."

Kretschmann sagte, Benedikt XVI. sei im Missbrauchsskandal innerhalb der katholischen Kirche von der Kurie "alleine gelassen" worden. Aber: "Die Deutsche Bischofskonferenz jedenfalls ist diesem Skandal ernsthaft zu Leibe gerückt. Es klingt etwas frivol - aber so schrecklich jeder einzelne Fall ist, der Missbrauchsskandal hat in der Konsequenz auch so etwas wie einen kollateralen Nutzen." Der Skandal habe "dem Herummoralisieren, das in der katholischen Kirche seit Jahrhunderten üblich war, einen Schlag versetzt", betonte Kretschmann.

Der Grünen-Politiker würdigte zugleich Benedikt als großen Theologen: "Ich glaube, dass der Papst theologisch nicht genug gewürdigt wurde. Die Theologie war seine starke Seite. Er hat das Problem des Glaubens in der Moderne konsequent thematisiert, immer mit dem Ziel, Glaube und Vernunft wieder ins rechte Verhältnis zu setzen."

Dass der zurückgetretene Papst vielen als reaktionär gilt, kommentierte Kretschmann so: "Das zeigt, wie viele Menschen ihren Glauben schon verloren haben, wie sehr Glaubensfragen für sie an Bedeutung verloren haben. So kommt es, dass man Benedikt als einen, der auf wunderbare Weise über Gott reden kann, kaum wahrgenommen hat."

Der Grünen-Politiker betonte, dass der Rücktritt Benedikts das Amt des Papstes nicht beschädigt habe - im Gegenteil: "Ich glaube, das war paradoxerweise vielleicht das Wichtigste, was er in seiner Amtszeit gemacht hat. Sieht man einmal von seinen Schriften und Überlegungen, von seinem Denken und seinen Äußerungen zur Glaubenslehre ab und betrachtet nur den Handlungsaspekt seines Pontifikats, dann war der Rücktritt seine wichtigste Handlung."

Benedikt habe dem Amt so eine "neue, eine menschlichere Note gegeben. Und ich glaube, dass das auch theologisch große Auswirkungen haben wird, etwa im ökumenischen Dialog." Mit Blick auf den künftigen Papst sagte Kretschmann: "Was das kommende Pontifikat angeht, wäre mir der ökumenische Impuls am wichtigsten. Dieser Impuls muss in einer globalisierten Welt, die multireligiös ist, stärker werden."

Frankfurter Stadtdekan kritisiert Kirchenobere

Der Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz hat die "Herrschaftsansprüche" und Geltungswünsche katholischer Bischöfe kritisiert. Früher hätten Macht und Pracht als gottgegeben und unangreifbar gegolten, sagte er der "Frankfurter Rundschau".

Heute aber mache der Habitus der Herrschaftlichkeit die Gläubigen "fuchsteufelswild", so zu Eltz. Auch habe die Aufdeckung des Kindesmissbrauchs durch katholische Geistliche und der "skandalöse Umgang damit" das Vertrauen in die Kirche schwer ins Wanken oder schon völlig zum Einsturz gebracht. Zu Eltz ist für 145.000 Frankfurter Katholiken zuständig. Er ist zudem Pfarrer der Domgemeinde und Vorsitzender des Caritasverbands Frankfurt.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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