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Präsident des Zentralrats der Juden beklagt "Bevormundung" in Beschneidungsdebatte

Archivmeldung vom 28.12.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.12.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Durchführung einer Brit Mila. Die Beschneidung ist im Judentum weit verbreitet.
Durchführung einer Brit Mila. Die Beschneidung ist im Judentum weit verbreitet.

Foto: Cheskel Dovid
Lizenz: GFDL
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, hat den Verlauf der Beschneidungsdebatte scharf kritisiert. "Viele haben die Diskussion missbraucht, um in dieser Frage altbekannten Antisemitismus zu transportieren", sagte Graumann der Tageszeitung "Die Welt". Wer ins Internet gehe, finde Tausende Beispiele dafür. "Und zwar keineswegs nur für versteckten, sondern auch für offenen Antisemitismus, in einer Brutalität und Hässlichkeit, die mich sehr schockiert haben."

Zudem sei auch in der "seriösen" Debatte einiges schiefgelaufen: "Diese schroffen Belehrungen, diese besessene Bevormundung uns gegenüber, der Versuch gar, uns Juden als notorische Kinderquäler zu stigmatisieren - das alles hat uns sehr verletzt."

Zu dem Gesetz zur Neuregelung der Beschneidung sagte Graumann, dies sei ein Gesetz, "mit dem wir ganz gut leben können. Dabei müssen wir auch Kompromisse machen." Vor allem sei das politische Zeichen wichtig, "dass jüdisches und muslimisches Leben hierzulande willkommen ist" Graumann betonte, auch Religionsfreiheit habe ihre Grenzen. "Aber die Debatte hat doch auch gezeigt, dass in der Gesellschaft ein gewisser Mangel an Respekt vor Religion herrscht. Es gibt auch einen säkularen Fundamentalismus, der alles zu verurteilen versucht, was mit Glauben zu tun hat."

Der Zentralratschef stellt zudem fest, dass die Religiosität im Judentum abnimmt: "Wir haben in Deutschland immer mehr und schönere Synagogen, die leider aber oft immer leerer werden." Gerade junge Leute kämen immer seltener. Zugleich betonte Graumann, dass das Judentum zwar "in erster Linie eine Religion" sei. "Ich kenne aber viele Juden, die sich auf ganz andere Weise mit dem Jüdisch-sein identifizieren: über Kultur, über Ethik, auch über das Gefühl der Schicksalsgemeinschaft." Das Judentum müsse die Kraft aufbringen, diese vielfältigen jüdischen Identitäten zu akzeptieren und anzuerkennen.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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