UNO: Bienensterben ist globales Problem
Archivmeldung vom 12.03.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie weltweiten Bienenbestände gehen immer drastischer zurück. Das zeigt das Umweltprogramm der Vereinten Nationen UNEP in einem Bericht. Besonders der industrialisierte Norden verliert von Jahr zu Jahr große Teile seiner Bienenvölker, manche Regionen verzeichnen sogar Rückgange von 85 Prozent. Die Gründe, die dafür den Ausschlag geben könnten, sind zahlreich, eindeutige Ergebnisse gibt es jedoch nicht. Ohne nachhaltigere Formen der Bewirtschaftung ist die Nahrungsversorgung der Zukunft in Frage gestellt, so das Resümee.
Viele Ökosystemdienste leisten freilebende Bienen, Schmetterlinge, Motten und Fliegen sowie auch kommerzielle Bienenkolonien. Schätzungen zufolge werden von den 100 Pflanzenarten, die über 90 Prozent der Ernährung sicherstellen, 71 von Bienen bestäubt. In Europa zählen dazu 84 Prozent der 264 Getreidearten und 4.000 Gemüsearten. Insektenbestäubte Getreidearten sind unverzichtbar, ergeben sie doch einen fünfmal höheren Ertrag als solche, die ohne Insekten auskommen.
In Gefahr ist diese Leistung durch das großflächige Bienensterben,
das sich längst nicht mehr nur auf Europa und Nordamerika beschränkt. In
Japan ist jede vierte Bienenkolonie betroffen, auch China berichtet von
Massensterben sowie das ägyptische Niltal - wodurch auch Asien und
Afrika betroffen sind. "Der Mensch hat den Irrglauben entwickelt, der
technische Fortschritt habe ihn im 21. Jahrhundert von der Natur
unabhängig gemacht. Die Bienen zeigen, dass wir in einer Welt mit sieben
Milliarden Menschen in Wahrheit viel mehr statt weniger von
Dienstleistungen der Natur abhängen", so UNEP-Chef Achim Steiner.
Über ein Dutzend Schuldige
Wenngleich die genaue Ursache des Rückgangs noch immer unklar ist, kennt man bereits über ein Dutzend Faktoren. Schädlinge wie Pilze, Milben und Viren gehören dazu, die dank globaler Handelswege alle Regionen erobert haben, Bienen-gefährdende Chemikalien in der Landwirtschaft wie systemische Insektizide oder chemische Saatgut-Schutzüberzüge oder auch die Luftverschmutzung, aufgrund derer Bienen ihre bevorzugte Nahrung schlechter wahrnehmen.
Doch auch Faktoren wie der Biodiversitäts-Verlust dürften eine Rolle
spielen. Bienen brauchen eine Reihe verschiedener Pflanzen, um ihre
Larven zu versorgen, verlieren jedoch zunehmend ihre Nahrungsgrundlage.
20.000 Blütenpflanzen könnten ohne entsprechende Schutzmaßnahmen in den
kommenden Jahrzehnten verschwinden, was das Immunsystem des
Bienen-Nachwuchses schwächt und noch anfälliger für Schädlinge macht.
Schließlich ändert auch der Klimawandel Blühzeiten und Niederschläge,
was bestehende Probleme verstärkt und das Pollenangebot verändert.
Schutzlos gegen kleine Milbe
„Eine der stärksten Ursachen des Bienensterbens ist die Varroa-Milbe“, erklärt Vincent Dietemann, Spezialist für Bienenkrankheiten am Schweizer Zentrum für Bienenforschung http://www.agroscope.admin.ch/imkerei, im pressetext-Interview. Beinahe jedes europäisches Bienenvolk befällt der Schädling und richtet es – falls keine Behandlung durch Imker erfolgt – innerhalb von zwei bis drei Jahren zugrunde. „Die afrikanische und die afrikanisierte Biene in Afrika und Südamerika sind allerdings gegen Varroa resistent.“
Bekämpft wird die Plage bisher durch synthetische Varroazide, die
zwar effizient sind, jedoch in vielen Regionen längst resistente Milben
hinterlassen haben. „Mitte der 90er-Jahre kamen alternative Methoden mit
organischen Säuren oder ätherischen Ölen auf, die jedoch weniger stark
wirken und zudem sehr aufwändig sind“, so Dietemann. An nachhaltige
Lösungen für das Problem fehlt es noch immer, und auch die genauen
Wechselwirkungen zwischen den Faktoren, die Bienen negativ beeinflussen,
seien noch zu wenig bekannt.
Prämien für bienenfreundliche Bauern
Ebenso komplex wie die Ursachen sollten auch die Strategien sein, mit denen man dem Bienenverlust entgegensteuern sollte, so der UNEP-Bericht. Bienenfreundliche Bauern, die etwa Blütenpflanzen am Feldrand anbauen, sollten prämiert werden, zudem sei mehr Vorsicht im Umgang mit Agrarchemikalien Gebot der Stunde. Besonders aber müssten die Wissenslücken noch gestopft werden, um die richtigen Maßnahmen gegen das Bienensterben zu setzen.
Quelle: pressetext.redaktion Johannes Pernsteiner